Ligurien
Die Oliven und wir
Seit Jahren helfe ich bei Caterinas Weinlese mit, und jeden Herbst überfällt mich der blanke Neid, wenn die mit Trauben gefüllten Wannen an meiner Straße stehen. Wenn im Herbst die Olivenernte beginnt, nimmt mein Neid fast unerträgliche Ausmaße an. Nach einem weiteren Herbst ist mein Entschluss gefasst: Ich will ein Stück Land! Ein Weinberg ist nichts für dich, sagt Caterina, den muss man das ganze Jahr pflegen, besser, du kaufst einen Olivenhain. ( ) „Was sind Sie von Beruf?“, fragt der Notar. „Autorin“, sage ich. „Sie wohnen in Vernazza? Dann wissen Sie ja, was Sie tun.“ Als stolze Besitzer eines Olivenhains sieht die Landschaft plötzlich ganz anders aus: Wir gehen nicht in den Cinque Terre spazieren, wir bestellen hier Land! Wir freuen uns, wenn es regnet, wenn das Wasser die silbrigen Blätter und die Wurzeln unserer Bäume berührt. Wir genießen den atemberaubenden Blick über das Meer und denken über alle Fragen nach, auf die wir noch keine Antwort wissen: Wie viele Früchte werden wir von 63 Bäumen ernten? Geerntet wird ab Ende Oktober, früher wurde sogar noch im Januar geerntet, wenn die Oliven überreif und pechschwarz geworden waren.
Margherita Balbi (Dorette Deutsch), Das Olivenhaus. Roman. Piper Verlag München, 2015, Taschenbuch 2017
Ligurien. Küstenland zwischen Cinque Terre und Seealpen. Carinthia Verlag Wien 2006. Mit Fotos von W. Krammer.
Gebrauchsanweisung für Genua und die Italienische Riviera, Piper Verlag, München 2004
Madonnen blicken über das Meer. Ligurische Küstengeheimnisse. Picus Wien 2001